Ralph Schüller

Poesie im Sommerkleid
Ein mediterraner Klangteppich und mehrfachbödige Texte: Der Leipziger Sänger Ralph Schüller spielt am Donnerstag, dem 26.11.2020 in der Volksbühne am Kaulenberg

Unerhörtes, scheinbar Trotziges, Freundliches. Wer einmal in den musikalischen Kosmos des Leipziger Ralph Schüller, Jahrgang 1968, eingetaucht ist, schlüpft ermutigt wieder hervor. Da gibt es einen exotischglobalen Boden, ein luftiges Sommerkleid-Klangbild, das sich durch alle Platten zieht. Mitten im lässig vibrierenden Sog, zwischen französischen Chansons und amerikanischem Folk, wurzelt eine Poesie, die zu Reisen in den eigenen Erinnerungsweltraum einlädt.
Schüllers Text sind kryptisch, unzeitgemäß, assoziativ, verschlüsselt. Und dennoch, oder gerade deswegen, lassen seine Lieder konkrete Stimmungsbilder entstehen, die uns das allzu Bekannte neu und bunt erscheinen lassen. Stadt, Land, Kneipe, Resignation, Aufbruch, Natur, Geburt, Entscheidungen, Sterben. Im Grunde gibt es keine Einfärbung, keine Atmosphäre, keine Mentalität, die Schüller nicht durch seinen Verfremdungseffekt deutlicher macht. Stärker wird bei ihm die Ambivalenz, satter werden die Widersprüche. Überall Bewegung, überall ein Beharren darauf, dass das Leben zwischen dem Entweder/Oder stattfindet. Wenn schon denken, dann dialektisch.
Kleine Alltagsbeobachtungen, die großen Themen, alles bekommt durch den poetischen Schüller-Verstärker eine Plastizität, die der Rezipient genüsslich und federleicht mit dem eigenen Lebenspfaden füllen kann. So etwas kann man Identitätsarbeit nennen. Oder einfach nur intelligente Musik.
(Mathias Schulze)

Im Internet:
www.ralph-schueller.de
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